Die Geschichte des Weinbaus in Rheinhessen
Die Zeitreise zu den Wurzeln des rheinhessischen Weinbaus geht bis in das Jahr 20. v.Ch. zurück. In dieser Zeit hat Kaiser Augustus das Gebiet erobert und Truppen auf dem Gebiet des heutigen Mainz angesiedelt. Mit den Truppen kamen nicht nur Waffen und Schutzausrüstungen, sondern auch Weinreben. Obwohl der fermentierte Traubensaft ursprünglich als Schutz vor kontaminiertem Wasser diente, entwickelte sich der Wein mit zunehmender Qualität zu einem Genussprodukt.
Im Mittelalter waren die landwirtschaftlichen Flächen im Besitz der Landesherren und Kirchen. Bürger, die diese Flächen bewirtschafteten, mussten dafür eine spezielle Art Steuer zahlen. Wenn es der Kirche bezahlt wurde, wurde es “Zehntel” genannt und bedeutete ein Zehntel des auf dem Gebiet “gewonnenen” Guts. Dementsprechend war die Klarheit über den Besitz der Flächen essenziell. Solch ein Dokument dient heute als Beweis dafür, dass sich die älteste Weinlage
Deutschland in
Rheinhessen, noch genauer in Oppenheim befindet. Die heute 2,1 ha große Lage heißt
Niersteiner Glocke und wurde im Jahr 742 dem Bistum Würzburg geschenkt. Neben der Schenkungsurkunde wurde auch die Lage aufrechterhalten und dient bis heute als Zuhause von hochwertigen Weinen.
Als die Qualität des Weines immer wichtiger geworden ist, hat das Weinbaugebiet Rheinhessen nicht automatisch einen Platz unter den Spitzengebieten erhalten. Die regionalen
Winzer mussten hartnäckig an der Verbesserung des Geschmacks arbeiten. Das hat so gut funktioniert, dass rheinhessische Weine vor dem Ersten Weltkrieg für ihre Qualität weltweit anerkannt wurden. Diese Entwicklung kann am besten anhand der Geschichte der “Liebfrauenmilch” betrachten.
Liebfrauenmilch
In den 80-er und 90-er Jahren war die Liebfrauenmilch als Ehrengast auf vielen Studierendenpartys eingeladen. Meistens in Form einer Literflasche gekauft, bescherte sie den Feiernden am nächsten Tag häufig Kopfschmerzen. Das ist aber nur ein kleines Stück der bunten Geschichte der Liebfrauenmilch. Die Leute, die ihre Erfahrungen in diesen Zeiten gesammelt habe, werden wahrscheinlich kaum glauben, dass der Wein eine mehrere hundert Jahre alte Geschichte hat. Die ersten Aufzeichnungen stammen aus dem Jahr 1744 und deuten auf Weine hin, welcher aus dem Schatten des Turms der Liebfrauenkirche hervorgingen. Die Bezeichnung war also, wie wir das heute nennen würden, eine geschützte Ursprungsbezeichnung, für Weine die aus den Lagen der Liebfrauenkirche produziert wurden. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war der Wein weit über die deutschen Grenzen bekannt. Vor allem die Herzen der Engländer hat die Liebfrauenmilch im Sturm erobert. Von Schriftstellern bis hin zu der Königsfamilie, waren viele von dem leicht süßlichen Wein verzaubert. Mit so anerkannten und einflussreichen Botschafter war es kein Wunder, dass die Liebfrauenmilch schnell eine von den meistgesuchtesten Weinen des frühen 20. Jahrhunderts geworden ist.
Da die Marke nicht geschützt wurde, durften Winzer der Region ihre Weine auch nach dem bekannten Getränk nennen. So sank die Qualität und die Liebfrauenmilch landete schlussendlich in der Literflasche und verlor in den Supermärkten ihren alten Glanz und Ruhm. Einige traditionsbewusste rheinhessischen Winzer bemühen sich heute, den guten Ruf des Weines wiederherzustellen und produzieren qualitativ hochwertige Weine mit ein wenig Restsüße.